200
z. 73. Die Kreuzzüge.
Als nun selbst Jerusalem in die Gewalt des Sul-
tans Saladin von Ägypten kam, senes tapfern mo-
hammedanischen Fürsten, der seine christlichen Gegner durch
viele Tugenden beschämte: so setzte sich zwar ein dritter
großer Kreuzzug unter den drei mächtigsten Häuptern
der Christenheit (dem deutschen Kaiser Friedrich Bar-
barossa, dem König Philipp August von Frankreich
und König Richard Löwenherz von England) in Be-
wegung ; aber Mißgeschick und Uneinigkeit der Kreuzfahrer
vereitelten den Zweck, und nach der Heimkehr der Führer
nahm Saladin von ganz Palästina Besitz.
Auf dem vierten Kreuzzuge kamen ftanzösische und
venetianifche Kreuzfahrer nur bis Griechenland, .wo sie (in
Folge ihrer Einmischung in die Streitigkeiten der kaiserlichen
Familie) Constantinopel eroberten und das lateinische
Kaiserthum stifteten, das etwa ein halb Jahrhundert
Bestand hatte. — Durch den fünften Kreuzzug wurde
nichts ausgerichtet, in dem sechsten aber von dem Kaiser
Friedrich Ii durch einen Vertrag Jerusalem und die andern
heiligen Orte wieder gewonnen.
Da man aber die Unmöglichkeit fühlte, Palästina zu be-
haupten, und die bisherigen Versuche dazu so theuer zu stehen
gekommen waren, so verlor sich die Lust an den Kreuzzügen
immer mehr, und nur als die barbarischen Horden der
Mongolen auf ihren weiten Eroberungszügen auch Pa-
lästina und Jerusalem verheerten und die Mameluken, jetzt
Beherrscher Ägyptens, sich Antiochia's bemächtigten, da
wurde
1248 der siebente und letzte K r e u z z u g von Ludwig Ix
dem Heiligen, König von Frankreich, unternommen, der ei-
nen Angriff auf Ägypten machte, aber in Gefangenschaft ge-
rieth und sich durch Zurückgabe des Eroberten lösen mußte;
und als dieser fromme Fürst auf einem erneuerten Zuge
gegen die Sarazenen in Afrika vor Tunis an der Seuche
starb (1270), mochte Niemand mehr zu einem weitern Un-
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Extrahierte Ortsnamen: England Griechenland Constantinopel Jerusalem Jerusalem Frankreich Afrika
203 $. 75. Die Ausbildung der Landeshoheit.
den Herzogen von Österreih und dehnte sich mehr und mehr
aus, ohne sich von dem deutschen Reiche zu trennen.
Nachdem Kaiser Albrecht von seinem Vetter Herzog Jo-
hann, dem er sein väterliches Erbe vorenthielt, 1308 ermordet
worden war, wurde Heinrichen, Graf von Luxemburg
gewählt, der seinem Hause Böhmen erwarb, dagegen ver-
gebens die kaiserliche Macht wieder in Italien geltend zu
machen suchte.
Nach seinem plötzlichen Tode erfolgte eine zwiespältige
Kaiserwahl (1314), so daß zwischen den Gewählten, Lud-
wig dem Bayern und Friedrich dem Schönen von
Österreich, ein heftiger Krieg um die Krone ausbrach, der
fortdauerte, bis Ludwig durch die Schlacht bei Ampfing
(1322) die Oberhand bekam. Doch hatte er von den Päpsten,
die ihn fortwährend mit Bann und Interdict verfolgten, viel
zu leiden; aber die Treue seiner Stände und zuletzt der
1338 von dem Kurverein zu Rense (d. i. von den daselbst ver-
einigten Kurfürsten) gefaßte Beschluß, daß forthin der
Kaiser seine Würde und Macht ohne päpstliche Be-
stätigung aus üben könne, erhielt nicht nur ihn, sondern
auch die Würde der deutschen Nation aufrecht: denn
Papst Johann Xxii hatte (auf Betrieb des Königs von
Frankreich) die Prüfung der Kaiserwahl, ja die Reichsver-
wesung in Anspruch genommen und sogar die deutsche Krone
einem französischen Prinzen geben wollen (— wie denn über-
haupt Frankreichs Könige im Verlaufe der Geschichte gar oft
die deutsche Kaiserwürde an sich zu bringen suchten).
Ludwig's Nachfolger, Karl Iv von Luxemburg (1347),
sorgte mehr für sein Böhmen, als für Deutschland, und vergab
aus Eigennutz den kaiserlichen Rechten sehr viel, schützte aber
1336 durch die goldene Bulle, wodurch das Wahlrecht der
Kurfürsten festgesetzt wurde, die Kaiserwahl gegen fremde
Eingriffe; wiewohl dadurch zugleich die Fürstenmacht ein
noch größeres Übergewicht bekam, als sie vorher schon
über die Kaisermacht hatte. Karl war der letzte Kaiser, der sich
zugleich als König von Burgund krönen ließ. (S.§.79a.e.)
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Extrahierte Personennamen: Albrecht_von_seinem_Vetter_Herzog_Jo- Albrecht Friedrich Friedrich Ludwig Johann_Xxii Johann Karl_Iv_von Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Luxemburg Italien Lud- Ludwig Frankreich Frankreichs Luxemburg Deutschland Burgund
210 §. 76. Die Kirche in ihrer tiefsten Erniedrigung.
brochen, indem der griechische Patriarch in Constantinopel,
Michael Cerularius, durch seinen Streit mit dem Papste
in Rom, und die darauffolgende gegenseitige Verdammung
imjahre 1053 die Lostrennung der morgenländischen
oder griechischen Kirche von der abendländischen
oder römischen (lateinischen) herbeiführte. — In der
römischen Kirche trat hierauf im 12. Jahrhundert ein heftiger,
bis zu Gewaltthätigkeiten gehender Gegensatz gegen den welt-
lichen Einfluß der Geistlichkeit auf, wurde aber durch die
Verbrennung Arnolds von Brescia, der in Rom eine
kirchlich-politische Reform bezweckte, unterdrückt.
Das verweltlichte Leben des größten Theiles der Geist-
lichkeit jener Zeit war allerdings nur geeignet, den in allen
Ständen eingerissenen Verfall der Sittenzucht zu beschleunigen.
Obgleich mehrere Päpste diesem Übel ernstlich zu steuern such-
ten, so gab es doch auch manche, die selber ihre hohe Würde
so entehrten, daß es kein Wunder war, wenn sich immer mehr
Stimmen gegen die vorhandenen Mißbräuche vernehmen ließen,
wie z. B. gegen das Ende des 14. Jahrhunderts in England
die Angriffe Wikleff's (Wpthcliffe's) auf das Ansehen des
Papstes und auf mehrere Kirchenlehren.
Den größten Schaden erlitt aber die römische Kirche durch
das in der letzten Hälfte des 14. Jahrhunderts eingetretene
päpstliche Schisma, indem nämlich schon unter Karl Iv
zwei Päpste, der eine zu Avignon in Frankreich, der andere
zu Rom, aufstanden und sich gegenseitig verfluchten, so daß
die ganze abendländische Christenheit gespalten und in große
Verwirrung und Roth versetzt wurde. Und als nachher vol-
lends noch ein dritter Papst (in Spanien) hinzukam, und
alle drei sich zur Erhaltung ihres Hofes die größten Geld-
erpressungen erlaubten, so wurde die Sehnsucht nach einer
Verbesserung der Kirche an Haupt und Gliedern
immer stärker, und in ganz Europa der Wunsch, daß man
durch ein Concilium helfen möchte, immer lauter und allge-
meiner.
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Extrahierte Personennamen: Michael_Cerularius Karl_Iv Karl Roth
Extrahierte Ortsnamen: Constantinopel Rom Brescia Rom England Avignon Frankreich Rom Spanien Europa
212 §. 76. Die Kirche in ihrer tiefsten Erniedrigung.
träge mit dem Kaiser die Kraft: nur für Frankreich mußte er
sie gelten lassen, und daraus entstunden in der Folge die so-
genannten Freiheiten der gallicanischen Kirche.
Jedenfalls aber begann von dieser Zeit an die Macht der
Kirche auffallend abzunehmen, zumal die kirchliche Richtung
aufgehört hatte, das Leben der europäischen Völker in dem
Grade zu beherrschen, wie früherhin, und jede Nation mit
der fortschreitenden Entwicklung ihrer Selbstständigkeit darauf
bedacht war, den Einfluß der päpstlichen Macht bei sich zu
beschränken. Anderseits sank aber auch die kaiserliche Macht
immer tiefer durch die fortschreitende Ausbildung der sie be-
schränkenden Landeshoheit der Fürsten, so daß jene den Reichs-
ständen gegenüber fast nur noch in Oberhoheit bestand.
Nach Sigmund's Tode kam mit Albrecht Ii von
Österreich
1438 die Kaiserwürde-wieder an das habsburgische Haus,
bei welchem sie dann fortwährend blieb. Da Albrecht bald
starb, wurde Friedrich Iii, sein Neffe, gewählt, welcher drei
und fünfzig Jahre lang über Deutschland regierte, aber mit
so wenig Kraft und Ansehen, daß im Reiche die größte Un-
ordnung einriß, der ohnedieß nie völlig zu Stande gekommene
Landfrieden asienthalben gebrochen wurde, und in den Län-
dern, wohin sonst die kaiserliche Macht gereicht hatte, ver-
schiedene Veränderungen und zum Theil Umwälzungen vor-
giengen, ohne daß Friedrich etwas dagegen that oder thun
konnte. Doch fieng unter ihm die Macht Habsburgs an, euro-
päische Bedeutung zu bekommen.
Ihm folgte sein Sohn, der edle, ritterliche Maximilian I
(1493—1519), der schon vorher als Gemahl Maria's, der
Tochter Karl's des Kühnen von Burgund (s. §. 79), die
Niederlande erworben hatte. Da er zu feinen kriegerischen
Unternehmungen die Hülfe der Reichsstände, und besonders
der Reichsstädte bedurfte, so willigte er
1493 in die Gründung des ewigen Landfriedens, zu
dessen Aufrechthaltung nachher das Reichskammergericht
eröffnet wurde. Nur die Schweiz wollte dieses Gericht nicht
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Extrahierte Personennamen: Albrecht_Ii_von
Österreich Albrecht Albrecht Albrecht Friedrich_Iii Friedrich Friedrich Friedrich Maximilian_I Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Deutschland Habsburgs Burgund Niederlande
142
tz. 55. Der dritte punische-Krieg.
die abgefallenen Völker und Städte wieder in ihre Gewalt
brachten, verband sich Scipio, nach der vollendeten Ero-
berung des karthagischen Spaniens, mit dem numidischen
Fürsten Masinissa, landete von Spanien aus in
Afrika und brachte dort die Karthager so in's Gedränge,
daßsiedenhannibal von Italien ab riefen,
um Karthago zu schützen.
Ungern räumte dieser Italien. In Afrika angekommen,
trat er zuerst mit seinem Gegner Scipio in eine, wiewohl
vergebliche, Unterredung, worauf alsdann
202 Schlacht bei Zama folgte, welche Karthago's Ge-
schick entschied. Hannibal mußte sich geschlagen zurückziehen
und Karthago in dem Frieden auf alle seine außerafrikanischen
Besitzungen verzichten, die Flotte ausliefern, ungeheure Geld-
summen zahlen, und versprechen, ohne Rom's Einwilligung
mit Niemanden Krieg zu führen.
Das Ergebniß des zweiten punischen Krieges war, daß
Rom's Herrschaft in seinen bis dahin errungenen Besitzungen
nur noch mehr befestigt, und außerdem Spanien und
s e l b st Karthago von ihm abhängig wurde.
3. Rom's steigende Macht.
Eroberungen in Asien. Der dritte punische Krieg oder
Karthago's Untergang.
§. 55. Í^Ott nun an richtete Rom sein Hauptaugenmerk gegen
den Osten, und indem sein Streben nach Weltherrschaft
immer mehr hervortrat, half ihm dabei außer seiner Kriegs-
kunst sowohl seine Klugheit, mit der es sich der kleine-
ren Mächte-zur Vernichtung der größeren be-
diente, als auch die sittliche Schwäche seiner Gegner.
Zuerst mußte König Philipp Ii von Macedón ien
(der Enkel des oben [§. 45] genannten Antigonus So-
natas) wegen der Unterstützung, die er dem Hannibal ge-
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Extrahierte Personennamen: Scipio Scipio Scipio Zama Hannibal Philipp_Ii_von_Macedón Philipp Hannibal
Extrahierte Ortsnamen: Spaniens Spanien Afrika Italien Karthago Italien Afrika Karthago Spanien Karthago Asien Rom
§. 81. Die skandinavischen Reiche.
m
dem Papste die Lehens- und Zinspflicht geloben, wurde von
dem Adel gezwungen,
1213 die Magna charla, welche die Grundlage der eng-
lischen Verfassung und Volksfreiheit enthält,
zu gewähren, und suchte vergebens durch Waffengewalt die
willkührliche Herrschaft wieder zu gewinnen.
Nach der schwachen Regierung seines Sohnes, Hein-
richs Iii, brachte der edle Eduard I in dem Jahre 1283
Wales zur Unterwerfung; aber seine Versuche, Schottlands
Herr zu werden, scheiterten. Ihm verdankte der Bürger-
stand seine Vertretung im Parlament. — Unter sei-
nen Nachfolgern hatte England fast das ganze 14. und 15.
Jahrhundert hindurch anfangs durch Kriege mit Schott-
land, dann durch die fortwährenden Kriege mitfrank-
reich, nach dessen Eroberung es strebte, vorzüglich aber durch
beständige innere Parteiungen und Empörungen viel zu leiden,
besonders als 1453 der langwierige Krieg zwischen der
rotchen und weißen Rose, d. i. zwischen den zwei von
dem großen König Eduard Ul stammenden Häusern Lancaster
und P o r k ausbrach, der durch die Wuth und Grausam-
keit, womit er geführt wurde, alle Sittlichkeit untergrub und
die Bildung hemmte. Doch hatte er zur Folge, daß die
Macht des Adels sank, der Bürgerstand sich hob, und Hein-
rich Vh Tudor— der, als Sieger zum König ausgerufen
und vom Parlament anerkannt, diesen Krieg durch seine
Vermählung mit einer Prinzessin aus dem Hause Jork be-
endigte, — durch seine kräftige würdevolle Handlungsweise,
so wie durch verständige Benützung talentvoller Männer, das
Königthum (1509) als ein fast unbeschränktes hinterlassen
konnte.
í*. D i e s c a n d i n a v i s ch e n Reiche.
§. 81. In Dänemark, in Schweden und in Norwe-
genden Heimathländern der Norman»en, die in der
Mitte des 9. Jahrhunderts mit ihren Seeraubzügen
15
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Extrahierte Personennamen: Eduard_I Eduard Eduard
Extrahierte Ortsnamen: Schottlands England Dänemark Schweden Norwe-
Geschichte -er Welt
nach Christus.
I. Die frühere Zeit der christlichen Welt.
1. Das Abendland unter dem Einflüsse
des Ehriftenthums.
1. Gründung und beginnende Ausbreitung des
Christenthums.
§. 62. Unter der Kaiserregierung August's, zur Zeit des Königs
Herodes, ward Jesus geboren zu Bethlehem im jüdischen
Lande, von einer Jungfrau aus dem königlichen Stamme
David's, in Armuth und Niedrigkeit und in Umgebungen,
die mit den Erwartungen der irdisch gesinnten Juden von
einem Könige, der das Reich Israel wieder aufrichten werde,
in dem abstechendsten Gegensätze standen.
Aber das Reich, für welches Gott seit dem Falle des
Menschengeschlechts die vorbereitenden Anstalten in Israel
getroffen hatte, und dessen Grund und Urheber der Gottmensch
Jesus wurde, sollte nicht mit äußerlichen Gebärden kommen,
sondern inwendig in den Herzen der Menschen sich offenbaren
und ihnen durch die Wiedergeburt oder Erneurung des
Geistes, folglich durch die Wiedervereinigung des menschlichen
Willens mit dem göttlichen, den verlornen Frieden mit Gott
wieder Herstellen.
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254 tz. 90. Die Kämpfe Habsburg's mit Frankreich.
So war, wenn auch nicht Deutschlands, doch Habs-
bur g ' s Einfluß aufjtalien gesichert, und Karlv
empfieng zu Bologna die italiänische sowohl, als die römi-
sche Krone. Er war der letzte deutsche Kaiser, der zu einer
römischen Krönung gelangte.
Hierauf brach die oben (§.89) schon berührte, für ganz
Deutschland, insbesondere für das österreichische Haus so
gefährliche Türkennoth aus; aber ob sie gleich die beiden
Male glücklich abgewendet wurde, so blieb doch Ungarn
in den Händen der Türken, die es als Vasallenreich be-
handelten, und Ferdinand konnte aus Mangel an Geld es
incht wieder erobern.
Auch Nordafrika hatten sich die Türken schon unterworfen,
und H a r a d i n, auch Barbarossa genannt, der sich in Algier
festgesetzt hatte, beunruhigte auf Antrieb des Sultans das
ganze Mittelmeer durch seine Seeräubereien, ja er machte sich
durch List auch zum Herrn von Tunis. Daher unternahm
Karl gegen ihn
1335 den Zug nach Tunis, eroberte es und gab es seinem
früher» Besitzer unter spanischer Hoheit zurück, wurde aber
durch den dritten Krieg mit Franz von weitern Un-
ternehmungen abgehalten. Franz war nämlich, um Mailand
zu erobern, in Savoyen eingebrochen; um ihn nun aus die-
ser Stellung zu bringen, fiel der Kaiser in Frankreich ein,
wurde aber durch Mangel und Krankheiten genöthigt, sich
wieder zurückzuziehen, während Franz nun gegen alle christ-
lich-politische Ordnung ein offenes Bündniß mit den
Türken eingieng. — Nachdem endlich dieser Krieg durch
einen Waffenstillstand beigelegt worden war, unternahm Karl
den Zug nach Algier, wohin sich Haradin zurückgezogen
hatte; aber furchtbare Herbststürme zerstörten seine Flotte und
Karl mußte die Unternehmung aufgeben.
^a unterdessen in Deutschland, ungeachtet des Nürnberger
Friedens die rechtliche Stellung der Protestanten noch sehr
unsicher war, so lag den schmalkaldischen Bundesgenossen alles
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266 §. 92. Die Religionskriege in Frankreich.
Dominikanermönch, Jakob Clement, 1589 ermordet wurde.
Doch erkannte er noch vor seinem Sterben den jungen Hein-
rich als seinen Nachfolger an.
So kam denn nun die Thronfolge zur Freude der
Protestanten an Heinrich von Navarra, der als König von
Frankreich Heinrich der Vierte genannt wird. Ob-
gleich er 1590 die Ligue in einer Schlacht besiegte, konnte
er doch Paris nicht einnehmen, und der Fortgang seiner
Waffen war um so mehr gehemmt, da der mit der Ligue
verbundene König Philipp Ii von Spanien zweimal ein
Heer in Frankreich einrücken ließ. Weil nun der gemäßig-
tere Theil der französischen Katholiken, welche die spanische
Übermacht fürchteten, nur auf den Rücktritt Heinrichs zur
katholischen Kirche wartete, um sich ihm zu unterwerfen,
und selbst die Protestanten nicht läugneten, daß er, ohne
diesen Schritt zu thun, sich im Königthume nicht halten
könne: so trat Heinrich Iv, um Frankreich zu beruhigen,
zur katholischen Religion über, wurde dann allge-
mein als König anerkannt, und gab einige Zeit darauf
1ññ8 in dem Edict von Nantes den Protestanten fast
gänzliche Religionsfreiheit und Zutritt zu den
Staats Ämtern. Dieß that er jedoch nicht ganz frei-
willig , weil er mehr von dem Katholicismus die Erweite-
rung seiner königlichen Gewalt hoffte; daher auch die Huge-
notten fortwährend eine für den Staat drohende Stellung
einnahmen. (§. 99 a. E.)
Unter Heinrichs wohlwollender Negierung, bei der ihn
sein Minister und Freund S u l l y wesentlich unterstützte,
hatte Frankreich seine glücklichste Zeit: und doch starb er
1610 durch die meuchelmörderische Hand eines Fanatikers,
und Frankreich gerieth unter seinem unmündigen und unfä-
higen Sohne, Ludwig Xiii, durch die Regierung elender '
Günstlinge eine Zeit lang in die traurigste Verwirrung. Für
Deutschland aber war Heinrich's Tod ein Glück: denn seinem
kur; zuvor geschlossenen Bündnisse mit der protestantischen
Union daselbst lag von seiner Seite die geheime Absicht zum
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304 Z. 203. Die Schwäche des deutschen Reichs.
An der Religion in ihrem damaligen.zustande konnte
die Sittlichkeit nicht die nöthige Stütze finden, indem in der
protestantisch-evangelischen Kirche allmählich ein todter Glaube
herrschend geworden war: sie hatte im Streite mit sich selbst
längst die erste Liebe verlassen, und der Baum des evange-
lischen Christenthums drohte im saftraubenden Begriffswesen
zu ersterben, wenn er nicht für Deutschland in Spener,
Franke, Zinzendorf, für England und Nordamerika
in Wesley und Whitefield neue Zweige getrieben
hätte, die, weun sie auch im Fortwuchs hie und da Schwämme
ansetzten, doch vorzüglich durch die guten Früchte eines
liebethätigen Glaubens ihre Lebenskraft bezeugten.
Während die erneuerte katholische Kirche noch bis in die
Mitte des 17. Jahrhunderts in Errichtung vieler neuen geist-
lichen Körperschaften und Verbrüderungen, so wie in Ver-
pflanzung des christkatholischen Glaubens nach andern Welt-
theilen (namentlich durch die Jesuiten nach dem portugie-
sischen Ostindien und nach China) eine rege Thätigkeit
bewies, — führte jetzt auch im Protestantismus der wieder-
erwachende practische Glaube zum Zusammentritt christlicher
Gemeinschaften, denen neben dem eigenen Wachsthum im
Christenthume auch die Verbreitung des Evangeliums unter
den Heiden am Herzen lag: und nachdem schon 1647 Eng-
land die erste Missionsgesellschaft gestiftet hatte,
bezeugten in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts die
dänische Mission und vorzüglich die Mission der Brüderge-
meinde, daß ein frischer Pfingsthauch die erstarrte Kirche zu
beleben angefangen habe.
Die politische Ohnmacht des deutschen Reichs
wurde durch die Selbstsucht der Reichsglieder gemehrt, in-
dem jeder Reichsstand nur für sich sorgte und, wo es
seinen Vortheil galt, seine Pflicht gegen Kaiser und Reich
aus den Augen setzte. Führte ja eine Gefahr zu dem Ent-
schlüsse gemeinsamer Abwehr, so war die Hülfe, die jeder
leistete, so langsam und träge, daß gewöhnlich Verlust und
Schmach das Ende der Unternehmung war.
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